Soweit mussten wir fahren, um an dem in Roquebrun (Südfrankreich) von Heinz Götze angebotenen Kanadier- Wildwasserlehrgang teilzunehmen.

Heinz in seinem Element!

Für mich führte die Strecke am Samstagmorgen um 7 Uhr über Gütersloh (um einen Mitpaddler abzuholen) dann weiter nach Wuppertal (um Anne, die dritte Person im Gespann, aufzulesen). Dann ging es weiter nach Dijon in Nordfrankreich zu unserem Tages-, Etappen-, und Übernachtungsziel. Die Fahrt führte am nächsten Tag über Lyon, Montpelier und schließlich über Bezier, bis nach Roquebrun in die südwestliche Ecke Frankreichs. Diese weite Entfernung war selbst für mich eine gewagte Sache. Eine so weite Fahrt wegen einer Woche Wildwasserfahren habe ich bis zu dieser Fahrt nicht auf mich genommen. Aber genau dies hatten wir drei uns auf die Fahne geschrieben, denn was konnte eigentlich schiefgehen?

„Da unten in Südfrankreich ist das Wetter immer schön, auch in April – oder“?

Vor der Wildwasserwoche träumte ich von mollig warmen Tagen auf dem Fluss, und von mediterranem Klima, Wein zum Abendessen, und von einem Leben „wie Gott in Frankreich“.

Träume und Realität liegen im echten Leben häufig weit auseinander: Unser Hauptziel, Roquebrun erreichten wir am Weißen Sonntag. Und was erwartete uns? Eine ungewöhnlich kalte Kälteperiode! Es war „so schattig“ dort, dass ich mich im Laufe der Woche mehrmals fragte, warum ich meinen Trockenanzug nicht eingepackt hatte? Zudem mussten wir auch feststellen, dass unser Hausfluss (die Orb) recht wenig Wasser führte. Trotzdem bereiteten wir unsere Ausrüstung vor. Direkt vor dem kleinen Ort Roquebrun und unter der professionellen Anleitung von Heinz, übten wir diverse Paddelschläge ein. Der Ort und die umliegende Landschaft sind einfach traumhaft.

Nicht das wir viel Zeit bekamen uns umzuschauen. Angemeldet hatten wir uns nämlich für einen recht intensiven Wildwasserlehrgang, zum Glück mit Vollverpflegung, denn viel Zeit blieb fürs Einkaufen und Kochen nicht. Die meisten Sachen hat Heinz bereits im Vorfeld entweder selbst eingemacht oder bereits eingekauft. Wenn wir nicht auf dem Fluss, oder beim Essen bzw. Schlafen waren, zogen wir uns die theoretische Seite des Kanadier- und Wildwasserfahrens rein – und das bis manchmal 22 Uhr abends. Dann ging es ab ins Bett, damit wir am nächsten Morgen wieder um 07:30 Uhr aufstehen konnten. Trotz Paukerei, entpuppte sich für mich der Lehrgang als einer der besten Wildwasserlehrgänge, die ich in den letzten Jahren absolviert habe. Heinz hat ein fundiertes Wissen, welches er auch super rüberbringen kann. Meiner Meinung nach sind seine Lehrgänge von der Qualität und Präsentation her vergleichbar mit den Lehrgängen, denen ich in der Kajakschule in Schottland beigewohnt habe.

Und von eben jenen halte ich auch jede Menge ;-)!

Der Lehrgang an sich ist eine super aktive Angelegenheit, wird aber auch noch interessanter gemacht, dadurch dass Heinz, ein gelernter Koch, das eigentliche Kochen für die ganze Gruppe übernimmt. Frei nach dem Motto: „Wer mitessen will, muss auch mit anpacken“, wurden die Vorbereitungsarbeiten (frisches Gemüse putzen, usw.) von den Teilnehmern ausgeführt. Die Gerichte konnten sich echt sehen lassen und schmeckten auch köstlich. Begleitet wurde jedes Abendessen durch eine Weinprobe. Die im Laufe der Woche probierten Weine überzeugten sogar einen überzeugten Biertrinker, so dermaßen, dass er sich auch heute ab und an eine Kostprobe genehmigt.

Eine fotografische Aufstellung der Abendrituale:

Die Aufgaben werden verteilt, …

… der Fisch wird zubereitet, …

… dann gekocht…!

und das Essen endlich aufgetischt: Lecker ;-)!

Wie die Theorie, war die Praxis auch recht umfangreich, aber stets interessant.

Der Schwierigkeitsgrad der Fahrten wurde so aufgebaut, dass die Fahrten von Tag zu Tag anspruchsvoller wurden. Eine ganze Palette an Paddelschlägen (Grundschlag, Bogenschlag, Ziehschlag, Steuerschlag, und einige mehr) übten wir bis zum Umkippen ;-). Anfangs auf flachem Wasser und später auf schneller fließendem Wasser, bis wir sie einigermaßen beherrschten und relativ automatisch ausführen konnten. Mein Lieblingspaddelschlag (der, den ich so gern hab, dass ich ihn immer wieder üben muss) bleibt für mich in einem Einer-Kanadier immer noch der übergegriffene Paddelschlag (für schnelle Korrekturschläge, z.B. im Wildwasser, kann ein „übergegriffener“ Paddelschlag auf der – eigentlichen – „Passiven-Seite“ durchgeführt werden). Irgendwann werde ich diesen Paddelschlag meistern. Muss mir lediglich vorher einen eigenen Einer-Kanadier anschaffen, damit ich fleißig üben kann.

Wegen der Vertiefung in die Theorie und dem Einstudieren der Paddelschläge auf dem Fluss, kamen wir erst Mittwoch zu dem eigentlichen Wildwasserfahren. Anhand der aktiven Unterstützung des französischen Wettergotts, erholte sich der Wasserstand langsam und wir konnten die diversen Strecken der Orb kennenlernen. Alles was wir am Anfang der Woche gelernt hatten, wurde von uns kontinuierlich wiederholt. Ein paar Mal musste ich sogar die Kiellinie meines Bootes einer aktiven Überprüfung während der Flussfahrt unterziehen. Aber das Herumplanschen im Wasser ist mir schon bekannt und abgesehen vom Nasswerden ist sonst nichts passiert.

Hier ein paar Bilder von diversen Flussfahrten auf der Orb:

Wir freuen uns aufs Wildwasserfahren!

Raffael führt einen übergegriffenen Paddelschlag aus!

Ab ins kühle Nass!

Heinz überquert die Strömung, …

… Raffael auch, und landet im Gebüsch 😉 !

Anne wartet geduldig auf ihre Chance in die Welle zu fahren!

Im Rückblick bleibt für mich nur zu sagen, dass der Lehrgang meine Augen fürs Kanadierfahren richtig geöffnet hat. Die kleinen Spielboote sind agil und sehr flink im Wildwasser. Sie sind nicht so instabil wie sie aussehen, verzeihen aber auch nicht jeden Fehler. Falls man kein Interesse an Spiel-/Wildwasserbooten hat, gibt es auch Tourenboote, die länger als die Spielboote, aber viel schmaler und leichter als unsere großen Kanadier im Verein sind. Eine Art Zwitter gibt es auch, der eine Mischung aus Touren- und Wildwasserboot darstellt, den man fürs Touring (also mit Gepäck) und auch fürs leichte Wildwasser (bis WW II+) einsetzen kann. Das einzige womit ich Probleme hatte, war die kniende Position im Boot. Nach kurzer Zeit in der knienden Position taten mir meine Fußgelenke extrem weh, sodass ich nach dem Aussteigen manchmal kaum gehen konnte. Die anderen schienen aber in der Regel davon nicht betroffen gewesen zu sein, sodass sich nur vermuten lässt, dass ich sehr empfindliche Fußgelenke habe, oder anders ausgedrückt: „Persönliches Pech“ hatte.

Wie in einem früheren Bericht über die Lehrgänge von Heinz Götze, kann ich seine Lehrgänge auch hier nicht oft genug weiterempfehlen. Die Lehrgänge sind besonders geeignet für Paddler, die bereits ein bisschen Erfahrung beim Kanadierfahren gesammelt haben, und auch Wert darauf legen, das Fahren von Einer- oder Duo-Kanadier auf Fließwasser weiter auszubauen, bzw. zu perfektionieren. Einige der Basis-Lehrgänge von Heinz finden in der Nähe von Lippstadt statt. Flachwasser-Lehrgänge bietet er jedes Jahr auf dem Alberssee an, und Fließwasser-Lehrgänge für Anfänger finden jährlich unter anderem auch auf unserer heimischen Lippe statt. Die Boote und Ausrüstung von Heinz sind von bester Qualität. Wenn man sich doch dazu entscheidet, an einem seiner Wildwasserlehrgänge teilzunehmen (die regelmäßig in Südbayern, Österreich, der Schweiz oder Südfrankreich stattfinden), dann kann man einen super interessanten (und sehr intensiven) Lehrgang erwarten. Falls jemand hierzu noch Fragen haben sollte, bitte direkt mit Heinz Kontakt aufnehmen! Mehr Infos über die Angebote von Heinz Götze findet Ihr unter: http//www.open-canoe.de

Schöne Grüße,

Euer Wanderwart,

Bad Lippspringe,

23.10.2012